"NSU" als Themenkomplex beim 2. Ostdeutschen Journalistentag

"Fundierter fragen, besser berichten - die journalistische Verantwortung rund um den NSU-Prozess", schon der Titel dieser Podiumsdiskussion, die der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) am Vorabend des 2. Ostdeutschen Journalistentages durchführte, hat mich angesichts der selbstkritischen Herangehensweise neugierig gemacht. Gemeinsam mit meiner SPD-Kollegin Dorothea Marx, der Vorsitzenden des NSU-Untersuchungsausschusses in Thüringen, bin ich der Einladung nach Leipzig gefolgt, um als Vorsitzender dieses besonderen Gremiums über den Umgang mit einem solch sensiblen Thema aus sächsischer Perspektive zu berichten.

Denn natürlich ging und geht es bei den Untersuchungsausschüssen im Bund und in den Ländern vor allem darum, Aufklärungsarbeit zu leisten und das Versagen bestehender Warnsysteme schonungslos aufzudecken. Jedoch ist es mein generelles Anliegen, dass journalistische Recherche im Sinne des ursprünglichen "Informationsservice-Gedankens" versachlicht werden muss. Einer Boulevardisierung der Sachlage  - gerade  vor dem Hintergrund dieser schwerwiegenden Verbrechen - ist in jedem Fall Einhalt zu gebieten! Sowohl die Berichterstatter als auch die "Aufklärer" in den Parlamenten tragen eine große Verantwortung, weil eine zukünftige Verhinderung solcher Taten nur dann geschehen kann, wenn objektiv und wahrheitsgemäß Fakten aufgearbeitet werden.

 

Und dazu zählt auf der einen Seite, dass die Ausschussmitglieder Ihrerseits seriös und vertraulich mit Informationen umgehen und diese nicht zur parteipolitischen Stimmungsmache missbrauchen und sich andererseits die Journalisten genau davon eben nicht beeinflussen lassen. Jeder, der sich einmal intensiv mit einem Thema beschäftigt hat, weiß, wie schwierig es ist, objektiv zu bleiben und auch die gegenteilige Meinung entsprechend zu berücksichtigen. Aber genau das ist ja die eigentliche - zugegebenermaßen sehr anspruchsvolle Aufgabe von öffentlicher Meinungsmache: Immer beide Seite einer Medaille zu beleuchten, damit sich auf dieser fundierten und inhaltlich ausgewogenen Grundlage jeder sein eigenes Urteil bilden kann. Es geht meiner Ansicht nach nicht darum, dass die Berichterstatter keine eigene Meinung haben dürfen. Jedoch darf aber keine Vorverurteilung durch den Journalisten stattfinden, da sonst nicht alle Fakten zusammengetragen werden und so leider eine verzerrte Darstellung in der Öffentlichkeit entsteht.

 

Dass beide Seiten im Informationsaustausch aufeinander angewiesen sind, steht doch außer Frage. Jedoch sollte diese Kommunikation das Wohl einer wahrheitsgemäßen und sachlichen Information der Allgemeinheit stets im Blick haben. Nicht mehr und nicht weniger muss der Anspruch sein! Dieses Verständnis für die jeweils "andere" (Informations-)Seite fördern bspw. derartige Veranstaltungen. Ich danke daher den Initiatoren für die Einladung und die gute Diskussion!