Wie schon im vergangenen Jahr beteiligte ich mich auch diesmal wieder am "Perspektivwechsel", den die Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege in Sachsen alljährlich veranstalten. Nachdem ich 2010 für einen Tag in einer Pflegeeinrichtung in Dresden-Friedrichstadt tätig war und dort den Alltag eines Altenpflegers aktiv erlebte, entschied ich mich nun, dazu auch einmal den "Gegenpol" im Betreuungsberuf kennenzulernen: Erzieher in einer Kindertageseinrichtung. Frühmorgens um 7 Uhr begann nun also mein etwas anderer Arbeitstag in der Kita "Pünktchen" auf der Hopfgartenstraße in der Dresdner Johannstadt.
Wie sieht der konkrete Tagesablauf aus und wie werden mich die Kinder aufnehmen?
Der tägliche Morgenkreis war dabei für mich eine erste Orientierungshilfe. Schon als ich den Gruppenraum betrat, umringten mich fünf Kinder und fragten so manches Loch in meinen Bauch. Das war schon gleich die erste Herausforderung: Alle Fragen zur Zufriedenheit der Kinder nacheinander beantworten und gleichzeitig darauf zu achten, jedem die gleiche Aufmerksamkeit zu schenken.
Für meinen Besuch hatte ich mir einen besonders ereignisreichen Tag ausgesucht. Bedingt durch das schöne Wetter wurde kurzerhand das alljährliche "Matschfest" durchgeführt, bei dem die Kinder mit allem rund ums Wasser experimentieren konnten. Spaß war dabei vorprogrammiert - für klein und groß...
Im Anschluss Mittagessen, Mittagsschlaf und Nachmittagsprogramm - für mich verging der Tag wie im Flug. Am Abend bemerkte ich jedoch, dass dieser Beruf auch körperlich sehr anstrengend ist. Auch wenn es immer so spielerisch aussieht, die körperliche Belastung ist nicht zu unterschätzen und durchaus vergleichbar mit der eines Altenpflegers.
Nicht nur daran gemessen, stellte ich fest, dass sich beide Berufe vom Grundverständnis her sehr ähnlich sind. Die Betreuung von Menschen jeden Alters ist eine geistig und körperlich sehr anspruchsvolle Aufgabe und erfordert neben Empathie vor allem auch die Fähigkeit zum "Multitasking".
Wieder einmal konnte ich live vor Ort sehr viel über die Berufspraxis eines Teils der Sozialbranche lernen.
Wie diese wertvolle Aktion im nächsten Jahr gestaltet werden kann und welche Eindrücke jeder Teilnehmer gesammelt hat, wurde dann bei einer Abschlussveranstaltung im neuen DRK-Zentrum auf der Bremer Straße in Dresden ausgewertet. Vertreter aus dem Sozialministerium, von Krankenkassen sowie Kolleginnen und Kollegen aus dem Sächsischen Landtag berichteten durchweg positives von ihrem Rollentausch. Vor allem die praktischen Erfahrungen sind es, die alle für ihre zukünftige Arbeit mitnehmen können. Nur so kann man später auch darüber entscheiden, ob etwas umsetzbar ist oder nicht.
Vielleicht gelingt es uns ja mit dieser Aktion auch in den nächsten Jahren einige Vorurteile abzubauen und den Perspektivwechsel nicht nur in die eine Richtung vorzunehmen. Um Entscheidungsprozesse besser nachvollziehen zu können, wäre es auch denkbar, das Spiel einmal andersherum zu betreiben: So könnte bspw. ein Sozialarbeiter auch einmal einen Politiker für einen Tag begleiten...